Von
Jurgos
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Ende 1987 hatte ich meine ROTEL reisende Freundin kennengelernt. Anfang 1988 hatten wir die „Nagelprobe“ mit Rucksack und Überlandbussen durch die ½ Türkei gewagt und im August ging es das erste Mal auf die griechischen Inseln.
Mit Aerolloyd ab nach Santorin. Die Fluglinie gibt es schon lange nicht mehr, die kostenlose Tageszeitung im Flieger auch nicht mehr. Aber da war zu lesen: Fährenstreik in Griechenland, hoffentlich hatte Inge das noch nicht gelesen.
Mit Rucksack, Schlafsack und Igluzelt erst mal ab auf den alten Campingplatz bei Kamari. Aufgebaut, abgebaut und am nächsten Tag standen wir im Ticketoffice oben in der Chora. 2 tickets to Anafi please. No boat today, strike, aller Anfang war schwer. Zurück zum Campingplatz, aufgebaut, abgebaut und wieder ticket office: No ticket today! Same procedure as every day, aber dann gab‘ plötzlich wieder Tickets, wenn auch erst für die nächste Nacht um 20 Uhr; um 22 Uhr waren wir dann endlich in See gestochen; Anafi, wir kommen. Im Müller Reiseführer war noch nachzulesen: Auf Anafi wird noch ausgebootet; hoffentlich hatte Inge das nicht auch schon gelesen. Oh Wunder, die alte C&A Fähre hatte tatsächlich festgemacht, der Fähranleger war flammenneu und völlig überdimensioniert.
„Wenn man am Hafen ankommt, stehen die Einwohner schon Schlange und werben mit einfachen Schildern für ihre rooms“, soweit mein Versprechen, aber nach 3 Tagen Fährenstreik und mitten in der Nacht hatte keiner mehr Lust, uns noch abzuholen. Glück im Unglück, die wenigen Tavernen waren noch geöffnet, für Tzaziki, greek salat und Retsina, Ouzo on top. Und jetzt? Da waren nur eine Handvoll Häusern überhaupt, also Schlafsack raus und am Strand geschlafen. Am nächsten Morgen lagen wir da wie die Ölsardinen. Keiner hatte mehr rooms gefunden, wir hatten alle in Reih und Glied im Sand gepennt; Inge hatte es gut verkraftet!
Rauf in die Chora, der Berg ruft, die neue Straße war noch im Bau. Wir versuchten unser Glück und als wir endlich oben angekommen waren, waren wir auf dem falschen Berg; die Chora war drüben. Und drüben gab’s dann trotzdem keine rooms. Und wann kommt die nächste Fähre? Das wusste sowieso keiner, also immer Sichtkontakt zum Hafen gehalten, damit wir ggfs. auch schnell genug wieder am Anleger waren.
08.08.88, den Tag haben wir nie wieder vergessen. Für uns quasi unsere erste gemeinsame Bewährungsprobe, die wir mit Bravour gemeistert hatten. Seither kommen wir fast jedes Jahr wieder auf unsere Inseln, manchmal auch zweimal. Schnell noch einmal auf griechischen Stühlen sitzen, den Virus hatten wir uns hier eingefangen.
Schlafsack, Rucksack und Zelt waren lange Zeit unsere bewährten Utensilien, bis wir uns langsam hochgearbeitet hatten. Früher hatten wir uns fast alles erwandert, am besten dann auch gleich in der glühenden Mittagshitze, später dann auch mit Moped und Roller, bis wir dann endlich alt und vernünftig genug wurden, auch mal ein Auto zu mieten. Selbst den Luxus eines Taxis hatten wir zuletzt mal ausprobiert, die müden Knochen fordern ihren Tribut.
Und das mit dem Zelt war auch nur eine Interimslösung, auch die einfachsten rooms und Fischerhütten hatten doch schon etwas von Luxus, auch wenn es zum Klo immer noch über den Hof ging und die Dusche im Freien stand. Die letzten Jahre sind dann doch booking&Co. unsere Wegbereiter, man gönnt sich ja sonst nix.
Und die Rucksäcke waren unsere Markenzeichen, als andere und Jüngere schon längst auf die Trolleys umgestiegen waren. Irgendwann fragten uns mal „gleichaltrige“ Frühsenioren: Macht ihr noch mit Rucksack oder „koffert“ ihr schon? Die „Brücke“ hatte uns schließlich Jack Wolfsin gebaut, der hatte den ersten Rucksack mit Rollen! Das war der letzte Versuch, am Rucksack festzuhalten, heute haben auch wir den Koffer mit den 4 Rollen, der angeschlagene Rücken sagt danke.
35 Jahre später und wir sitzen schon wieder auf gepackten Koffern. Noch 4 lange Monate, aber dann geht’s endlich wieder los und die Scopelitis warten schon auf uns!
Jurgos
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