Reiseziel auswählen


Reiseziel-Sponsoren Reiseziel-Sponsor werden

Antiparos im November

Von Xristo

Ein schöner sonniger Morgen. Angelos Hustenpulver und der Verzicht auf Badefreuden hat gute Wirkung getan. Dem glatten Wasser unten am kleinen Strand widerstehe ich, zumindest ab Unterkante Kniescheibe. Die Wetterprognosen und die im Süden aufziehenden dunklen Wolken verheissen wieder nichts Gutes. Aber da bisher noch keine Vorhersage zutreffend war, machen wir einen Gang entlang der Küste Richtung Punta auf dem schmalen zerklüfteten Saum zwischen Wasser und beginnender Macchia, klettern über Mauern, da sich keiner an die Vorschrift hält, die Uferzone freizuhalten. Von Punta aus nehmen wir die kleine Fähre nach Antiparos, wenigstens einmal müssen wir eine Überfahrt erleben, und wenn sie auch nur 20 Minuten dauert.

Antiparos ist gänzlich verlassen. Hier sind alle Läden geschlossen, der Tourismus völlig erloschen. Fast menschenleer die Hauptstrasse. Ein Jäger kommt uns entgegen, Die erlegten Hasen baumeln an seinem Gürtel. Sein junger Hund, der anscheinend noch keine Fremden gesehen hat zieht den Schwanz ein und weicht verängstigt zurück, oder hat er schon schlechte Erfahrungen?

Wir haben kein Ziel, der Weg, der sich jenseits des breiten Strandes zeigt, gibt eine Richtung vor. Wir entfernen uns von der menschengeprägten Region, steigen durch grau-braune Stachelkugelbüsche immer weiter, der Weg wird schmaler, unwegsamer. Unten vor der steilen Küste holen Fischer ihr Netz ein, das sie um einen Fischschwarm gezogen haben. Wie jämmerlich ist das kleine Häuflein, dass aus dem Netzsäckchen aufs Deck glitzert! Die Stachelbüsche, die aus ihrem Inneren bereits wieder grüne Triebe erkennen lassen, machen das Kraxeln nicht leicht . Für mich ereignet sich wieder ein Deja vue. Das Verfolgen einer Wegespur, wie ich sie noch im August auf Donoussa verfolgte, wiederholt sich hier in gänzlich anderer Umgebung auf der Westseite von Antiparos. Diese Inselseite sieht dermassen verlassen aus, als wäre noch nie ein Mensch hier gewesen. Immer wieder gehen wir zurück, da wir uns verstiegen haben. Uns fällt auf, dass die Erde an vielen Stellen gerissen ist, wie vor einem beginnenden Erdrutsch. Meine Spürnase fährt uns dennoch auf eine Strasse, wir sehen wieder Häuser, einen Strand, einen Weg hinunter. Die Inseln sind nie zu gross, als dass man sich verirren könnte. Aber das Gefühl kommt trotzdem auf.

Entlang einer archaischen Bruchsteinmauer erreichen wir verlassene einsame Kieselstrände. Die Sonne strahlt warm. Die Hüllen fallen, wir baden - bis zum Knie. Die Steine, die wir von hier mitnehmen, sind flach, graniten, gneisig, marmorn.

Zurück nach Antiparos passieren wir eine "Burg", die sich moderne Kreuzzügler hier errichtet haben. Der Landrover, 8-zylindrig, steht unter einem Sonnendach, Einer Videokamera scheint uns zu beobachten. Komisch, dass wir auf unserem Weg vom Strand hinauf plötzlich vor verschlossener Zauntür stehen. Wir sind doch nicht auf der falschen Seite? Hinunter nach Antiparos gehts durch wildes Raubbaugelände im Hinterland der Chorio, Bauen wie es gerade so gefällt, böse oder ängstliche Hunde in Autowracks, Mauern, die neu errichtet werden, Müll, der vergessen wurde, ein alter Escort, dessen Karrosserie sich in Sonne, Salzluft und Regen in Rost auflöst.
Überfahrt nach Pounta zwischen Lafrage-Betonmischern und grau bestäubten Bauarbeitern, erstaunlich, wie die Fahrer trotz Handy am Ohr die schweren 4-Achser rückwärts auf die Fähre bugsieren. Wie auf dem Weg von der Arbeit nach Haus, wir sind keine Touristen, wie wenn der Bus abends die Leute von der Arbeit nach Hause bringt, hier ist es ein Schiff.

In Pounta angekommen haben wir Hunger. Fischessen bei "Babis" direkt am Anleger, Galeo, Maridakia und Krautsalat mit Möhren, Lisa und Axel kommen auf einen Bissen und einen Schluck vorbei. Abends auf unserer Terrasse: Kühle, klassisch: Tomaten, Misitra und Retsina.

Geschrieben 25.11.2014, Geändert 26.11.2014, 3332 x gelesen.

Was möchtest du?

Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von pedros 1 vom 28.03.2015 22:43:20

eben erst gelesen, toller beitrag

wieviel leute wohnen wohl dort im winter?

danke. pedros


Kommentar von drossiani vom 27.11.2014 10:46:59

Hallo Xristo,

schöner Artikel!!

LG drossiani


Kommentar von kokkinos vrachos vom 26.11.2014 11:55:52

jassou Xristo, du schreibst "Antiparos ist gänzlich verlassen. Hier sind alle Läden geschlossen, der Tourismus völlig erloschen. Fast menschenleer die Hauptstrasse."

Das ist auch meine Wahrnehmung von Antiparos (obwohl ich noch nicht auf der Insel war). Laut wikipedia hat Antiparos 1.200 und laut Fohrer 800-1.000 Einwohner. Ich denke die Zahl wird im August stimmen, wenn alle Exil-Bewohner zurück kommen.

Wie ist deine Einschätzung, wie viele Menschen Leben im Winter auf Antiparos?

schöne Grüße aus Hamburg, kv